mal haben die Spieler angefangen zu
fragen, ob sie eine Prämie für absolvier
te Spiele bekommen würden. Und ich
habe geantwortet: „Das kann durchaus
sein, nur nicht bei Mainz 05. Denn ich
muss euch leider sagen, dass nächstes
Jahr keiner von euch mehr hier ist, da wir
die Mannschaft komplett austauschen
werden. Sonst spielen wir weiterhin
C-Klasse.“ Das war meine erste Amts
handlung.
Und da war ich
natürlich direkt
komplett unbeliebt.
Vom ersten Tag an, haben alle über
mich gehetzt: „Was macht denn der
da?“ Anschließend ging es im Endeffekt
wirklich nur darum, Spieler zu holen
und Spieler abzugeben. Wir haben uns
wenig darum gekümmert, dass hier mal
ein Stadion entsteht. Das kam alles erst
wesentlich später.
SPORT RLP: Wenn Sie an die größte
Herausforderung früher und heute
denken – wie unterscheiden sich
diese?
Christian Heidel: Früher war die größte
Herausforderung: Wie kommen wir
nach oben? Heute ist die größte Her
ausforderung: Wie bleiben wir da oben?
Aber man muss natürlich sagen, das ist
jetzt eine ganz andere Verantwortung.
Als wir angefangen haben, hatten wir
einen Etat von 1,2 Millionen DM, also
600.000 Euro. Heute ist Mainz 05 ein
großes mittelständisches Unternehmen,
und wir haben inzwischen einen Etat
von rund 140 Mio. Euro. Das muss man
sich mal vorstellen. Wir hatten damals
eine Halbtagskraft, die hat in einem
Container gesessen und Tickets ver
kauft. Und heute hat dieser Verein 250
Angestellte. Also – das ist nicht mehr
vergleichbar.
SPORT RLP: Wenn Sie zurückblicken:
Welche Entscheidungen würden Sie
heute genauso treffen – und welche
anders?
Christian Heidel: Ich würde wahrschein
lich 100 Entscheidungen anders treffen,
weil ich das Ergebnis wüsste. Aber
ohne das Ergebnis zu kennen, würde ich
alle Entscheidungen genauso wieder
treffen. Unser Glück war, dass wir keine
elementaren Fehlentscheidungen ge
troffen haben. Nicht nur ich, auch alle
anderen in der Verantwortung. Natür
lich gibt es Detailentscheidungen wie
Spielertransfers, die sich im Nachhi
nein als Fehler herausgestellt haben,
aber solche Fehler passieren. Und die
passieren überall. Eines weiß ich: So
lange Menschen am Ruder sind und wir
nicht die Zukunft vorhersehen können,
werden Fehler immer Teil des Lebens
bleiben.
SPORT RLP: Was macht denn aus
Ihrer Sicht einen guten Vereins-
manager aus?
Christian Heidel: Ich bin jetzt seit etwa
34 Jahren mit einer kurzen Unterbre
chung im Profigeschäft. Das ist auch
das Einzige, auf das ich ein bisschen
stolz bin. Dass ich das so lange ge
schafft habe mit so einem kleinen Ver
ein wie Mainz. Das ist immer ein gutes
Indiz dafür, dass man nicht so viel falsch
gemacht hat. Ganz wichtig dabei ist,
und deshalb habe ich es mir vom ersten
Tag an auf die Fahne geschrieben, ehr
lich, authentisch und loyal zu sein. Ich
würde jetzt mal behaupten, dass es kei
nen gibt, der sich mit mir nicht mehr an
einen Tisch setzt. Weil ich immer offen
und ehrlich war. Sonst kann man es über
eine so lange Zeit nicht machen.
„Ich glaube, man muss sehr
realistisch sein, was in einem
Verein möglich ist.“
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SPORT RHEINLAND-PFALZ | 06.2025
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