06_2025_Sport RLP

SPORT RLP: Wie schafft man es als

Vereinsmanager seine Vision

langfristig im Verein zu etablieren?

Christian Heidel: Ich glaube, man muss

sehr realistisch sein, was in einem

Verein möglich ist. Die Klubs, die sich

Ziele setzen, die sie praktisch gar nicht

stemmen können, bekommen oft große

Probleme. Und ich glaube, das war eine

unserer großen Stärken in diesen 30

Jahren, dass wir nie übergeschnappt

sind, sondern dass wir in kleinen Schrit­

ten marschiert sind. Wir haben immer

auf Nachhaltigkeit gesetzt. Dafür

brauchst du natürlich Leute im Club, die

den Weg mitgehen – alle müssen an

einem Strang ziehen. Vielleicht hört sich

das jetzt hart an, aber wenn da jetzt

ein Vereinsmanager ist, dem es nur um

sich geht, der immer nur für sich erfolg­

reich sein will, dem ist die Nachhaltig­

keit völlig egal. Der geht nach zwei

Jahren eh weg. In Mainz hatten wir das

Glück, dass wir alle gemeinsam immer

den Verein im Blick hatten.

SPORT RLP: Sie haben das „wir“

gerade betont. Wie funktioniert es,

die Leute emotional mitzunehmen

und für die eigene Vision zu begeis­

tern?

Christian Heidel: Nur mit Offenheit.

Wenn die Leute im Club sich nicht ver­

stehen, wenn es da Eifersüchteleien

gibt, dann wird das nichts. Man weiß

doch: Die Clubs, die in Deutschland in

der Regel erfolgreich sind, sind die, die

kontinuierlich gearbeitet haben. Wo

nicht jeden Tag irgendeiner gegangen

ist. Du musst eine Vision haben, und die

müssen die Leute mittragen. Wenn aber

die Führungsköpfe alle drei Tage aus­

getauscht werden, dann gibt es immer

neue Visionen und dann wird ein Verein

unruhig.

SPORT RLP: Pauschal gesagt: Lang­

fristigkeit und Kontinuität sind der

Schlüssel für einen erfolgreichen

Verein?

Christian Heidel: Wenn du gute

Leute hast, ja. Wenn du kontinuierlich

schlecht bist, kommt nichts bei raus. Ich

war mit einer Unterbrechung seit Jahr­

zehnten durchgängig hier. Und die Leu­

te um mich herum auch. Deswegen hat

der Verein immer eine Richtung gehabt.

Wir waren auch nicht immer zufrieden,

und wir haben auch nicht alles richtig

gemacht. Aber ich glaube, auf Strecke

war es der richtige Weg. Und ich glaube

auch, der Weg war alternativlos.

SPORT RLP: Wie wichtig ist es denn,

dass man sich im Vorstand auch mal

die Köpfe anstößt?

Christian Heidel: Hier wurde viel kontro­

vers diskutiert, und das ist gut so. Aber

anschließend sind wir in die Kneipe ge­

gangen, haben ein Bier getrunken und

uns geeinigt. Genau so muss es sein.

„Für Erfolg braucht es

konstruktive Kritik und

Menschen, die sie

akzeptieren."

Wenn ich meiner Ansicht nach einen

genialen Vorschlag habe und der

Vorstand sagt: „Wir machen es nicht“,

dann muss ich das diskutieren und das

Ergebnis der Diskussion akzeptieren.

Das ist einfach extrem wichtig. Harmo­

nie heißt nicht, dass alle immer einer

Meinung sein müssen. Harmonie heißt,

dass man am nächsten Tag wieder

zusammenarbeitet, auch wenn man

am Abend zuvor kontrovers diskutiert

hat, und das ist im Breitensport nichts

anderes als im Profisport.

SPORT RLP: Ist Kommunikation unter­

einander ebenfalls ein Schlüssel für

gute Arbeit?

Christian Heidel: Absolut. Wenn man

nicht miteinander redet, kommt nichts

bei raus. Das ist völlig klar. Man darf nur

nicht zu viel reden, insbesondere nach

außen. Das ist wieder Profisport. Wenn

Leute glauben, sie müssen alles nach

außen plappern, um gut auszusehen,

wird im Endeffekt nichts bei rauskom­

men. Aber intern miteinander zu reden

ist im Breitensport und im Amateursport

genau das Gleiche wie im Profisport: ein

Muss. Sonst wird es nie funktionieren.

SPORT RLP: Viele Vereine im Breiten-

und Amateursport haben nur sehr

geringe finanzielle Mittel zur Verfü­

gung. Kann man aus diesen knappen

Mitteln heutzutage dennoch den

maximalen Erfolg herausholen, und

wenn ja, wie?

Christian Heidel: Ich glaube, wenn man

einen gescheiten Plan hat und die Leute

von dem Plan überzeugt sind und ihn

durchziehen, dann ist so etwas mach­

bar. Wir waren damals die grauste

Maus der grauen Mäuse in der 2. Bun­

desliga. Jetzt sind wir der Verein, der

Fotos: Dominik Sonndag

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SPORT RHEINLAND-PFALZ | 06.2025

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