nem Reden“, beschreibt er seine Routine
kurz vor dem Start. Er ist im berühmten
„Tunnel“. Seine Motivation im Rennen zieht
er sich unter anderem auch von den Rän-
gen. „Die Motivation kommt, wenn man
am Start steht, ganz automatisch. Wenn
es dann endlich los geht. Und natürlich
auch die Erlebnisse mit den Fans. Da
schaue ich schon manchmal auch nach
rechts und links.“ Diese dürfen sich im
April 2025 gleich noch einmal für Samu
freuen. Denn in Hannover, bei seinem erst
sechsten Marathon überhaupt, sichert er
sich seinen ersten deutschen Meistertitel.
Doch Samuel ist nicht nur ein erfolgrei-
cher Sportler. Samuel ist auch ein Mensch.
Ein Mensch, der fokussiert, bescheiden
und extrem dankbar und loyal ist. Ange-
bote von großen Vereinen aus Marathon-
Hochburgen wie Leverkusen oder Berlin
hat er stets abgelehnt. „Das will ich ein-
fach nicht“, begründet er die Entschei-
dung in seiner Heimat, der Vulkaneifel,
zu bleiben. Er habe der Region so viel zu
verdanken, betont er immer wieder. Dass
die Angebote finanziell durchaus lukrativ
waren, versteht sich von selbst. Eine „Her-
zensentscheidung“, wie er sagt:
Es ist seine Art „Danke“ zu sagen. Seine
Art, sich bei der gesamten Region für all
die Hilfe und Unterstützung zu bedanken,
die er seit seiner Ankunft erfahren hat.
Er sei „mit offenen Armen“ von den Leu-
ten empfangen worden. Die Vulkaneifel
ist zu Samus zweiter Heimat geworden.
Die Familie Linden aus Stadtkyll, die ihn
damals aufgenommen und bei sich hat
wohnen lassen, hat bis heute einen festen
Platz in seinem Herzen. Eine „Bereiche-
rung“ sei er damals gewesen, erzählt Zieh-
vater Christian Linden in einer früheren
Dokumentation des SWR. Wann immer es
die Zeit zulässt, besucht er seine Gastfa-
milie auch heute noch. Genau wie Annette
Seithe, die Lehrerin, die sich nach seiner
Ankunft in der Vulkaneifel beinahe wie
eine zweite Mutter um ihn und weitere
Geflüchtete gekümmert hat. All denje-
nigen, die ihm damals geholfen haben,
in Deutschland Fuß zu fassen, ist er bis
heute dankbar.
Samuel Fitwi ist ein Musterbeispiel für
gelungene Integration. Durch den Sport,
aber auch durch seine Persönlichkeit. Er
bringt sich ein. Er hilft, wo er kann. Im
vergangenen Jahr organisiert er mit sei-
nem Verein Silvesterlauf Trier erstmals
einen Spendenlauf zugunsten anderer
Flüchtlinge und Bedürftigen. Er wolle der
Region etwas zurückgeben. Insgesamt
7.000 Euro kommen zusammen. Auch in
diesem Jahr findet der Spendenlauf statt.
Am 19. September können
Lauffreudige wieder Seite an Seite mit
ihm für den guten Zweck laufen.
Im Jahr 2018 erhält Samuel, aufgrund
seiner sportlichen Verdienste und seiner
erfolgreichen Integration in die deutsche
Gesellschaft, nur drei Jahre nach seiner
Ankunft, den deutschen Pass. Heute, sie-
ben Jahre später, ist er Testimonial für das
Projekt „Integration durch Sport“.
„Ich hoffe, dass ich
dadurch zumindest ein
paar junge Leute motivie-
ren kann, dass sie alles
schaffen können, was sie
wollen und sie von ihrem
Talent zu überzeugen.“
Nach dem Videocall geht es für ihn an
diesem Tag im August wieder zurück zum
Training. Dem Marathon am 31. August in
Down Under hat er alles untergeordnet.
Ein Stück Pizza zum Abendessen? Passt
nicht in den Trainingsplan. Viel Laufen.
Viel Schlafen. Er ist voll fokussiert.
Und dann ist der große Tag endlich
gekommen. Samu steht in Sydney an der
Startlinie. Der Startschuss ist erfolgt. Er
läuft ganz vorne in der Spitzengruppe mit.
Doch manche Dinge kann man einfach
nicht komplett kontrollieren. Dinge, wie
den eigenen Körper. Auf der anspruchs-
vollen, hügeligen Strecke muss er kurz vor
Kilometer 30 abreißen lassen. Es zieht ihm
in den Oberschenkelmuskel. Er muss das
Tempo drosseln. Nach 2:10:13 Stunden
kommt er ins Ziel. Platz 13, das anvisierte
Ziel „Top 5 “ knapp verpasst. Aber auch von
solchen Rückschlägen lässt sich Samuel
Fitwi nicht entmutigen. Auf seinem Insta-
gram-Profil schreibt er: „Sometimes you
win – Sometimes you learn“. Manchmal
gewinnt man. Manchmal lernt man. ■
Dominik Seel
„Ich bleibe
für immer hier.“
Foto: Privat
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SPORT RHEINLAND-PFALZ | 05.2025
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