05_2025_Sport RLP

nem Reden“, beschreibt er seine Routine

kurz vor dem Start. Er ist im berühmten

„Tunnel“. Seine Motivation im Rennen zieht

er sich unter anderem auch von den Rän-

gen. „Die Motivation kommt, wenn man

am Start steht, ganz automatisch. Wenn

es dann endlich los geht. Und natürlich

auch die Erlebnisse mit den Fans. Da

schaue ich schon manchmal auch nach

rechts und links.“ Diese dürfen sich im

April 2025 gleich noch einmal für Samu

freuen. Denn in Hannover, bei seinem erst

sechsten Marathon überhaupt, sichert er

sich seinen ersten deutschen Meistertitel.

Doch Samuel ist nicht nur ein erfolgrei-

cher Sportler. Samuel ist auch ein Mensch.

Ein Mensch, der fokussiert, bescheiden

und extrem dankbar und loyal ist. Ange-

bote von großen Vereinen aus Marathon-

Hochburgen wie Leverkusen oder Berlin

hat er stets abgelehnt. „Das will ich ein-

fach nicht“, begründet er die Entschei-

dung in seiner Heimat, der Vulkaneifel,

zu bleiben. Er habe der Region so viel zu

verdanken, betont er immer wieder. Dass

die Angebote finanziell durchaus lukrativ

waren, versteht sich von selbst. Eine „Her-

zensentscheidung“, wie er sagt:

Es ist seine Art „Danke“ zu sagen. Seine

Art, sich bei der gesamten Region für all

die Hilfe und Unterstützung zu bedanken,

die er seit seiner Ankunft erfahren hat.

Er sei „mit offenen Armen“ von den Leu-

ten empfangen worden. Die Vulkaneifel

ist zu Samus zweiter Heimat geworden.

Die Familie Linden aus Stadtkyll, die ihn

damals aufgenommen und bei sich hat

wohnen lassen, hat bis heute einen festen

Platz in seinem Herzen. Eine „Bereiche-

rung“ sei er damals gewesen, erzählt Zieh-

vater Christian Linden in einer früheren

Dokumentation des SWR. Wann immer es

die Zeit zulässt, besucht er seine Gastfa-

milie auch heute noch. Genau wie Annette

Seithe, die Lehrerin, die sich nach seiner

Ankunft in der Vulkaneifel beinahe wie

eine zweite Mutter um ihn und weitere

Geflüchtete gekümmert hat. All denje-

nigen, die ihm damals geholfen haben,

in Deutschland Fuß zu fassen, ist er bis

heute dankbar.

Samuel Fitwi ist ein Musterbeispiel für

gelungene Integration. Durch den Sport,

aber auch durch seine Persönlichkeit. Er

bringt sich ein. Er hilft, wo er kann. Im

vergangenen Jahr organisiert er mit sei-

nem Verein Silvesterlauf Trier erstmals

einen Spendenlauf zugunsten anderer

Flüchtlinge und Bedürftigen. Er wolle der

Region etwas zurückgeben. Insgesamt

7.000 Euro kommen zusammen. Auch in

diesem Jahr findet der Spendenlauf statt.

Am 19. September können

Lauffreudige wieder Seite an Seite mit

ihm für den guten Zweck laufen.

Im Jahr 2018 erhält Samuel, aufgrund

seiner sportlichen Verdienste und seiner

erfolgreichen Integration in die deutsche

Gesellschaft, nur drei Jahre nach seiner

Ankunft, den deutschen Pass. Heute, sie-

ben Jahre später, ist er Testimonial für das

Projekt „Integration durch Sport“.

„Ich hoffe, dass ich

dadurch zumindest ein

paar junge Leute motivie-

ren kann, dass sie alles

schaffen können, was sie

wollen und sie von ihrem

Talent zu überzeugen.“

Nach dem Videocall geht es für ihn an

diesem Tag im August wieder zurück zum

Training. Dem Marathon am 31. August in

Down Under hat er alles untergeordnet.

Ein Stück Pizza zum Abendessen? Passt

nicht in den Trainingsplan. Viel Laufen.

Viel Schlafen. Er ist voll fokussiert.

Und dann ist der große Tag endlich

gekommen. Samu steht in Sydney an der

Startlinie. Der Startschuss ist erfolgt. Er

läuft ganz vorne in der Spitzengruppe mit.

Doch manche Dinge kann man einfach

nicht komplett kontrollieren. Dinge, wie

den eigenen Körper. Auf der anspruchs-

vollen, hügeligen Strecke muss er kurz vor

Kilometer 30 abreißen lassen. Es zieht ihm

in den Oberschenkelmuskel. Er muss das

Tempo drosseln. Nach 2:10:13 Stunden

kommt er ins Ziel. Platz 13, das anvisierte

Ziel „Top 5 “ knapp verpasst. Aber auch von

solchen Rückschlägen lässt sich Samuel

Fitwi nicht entmutigen. Auf seinem Insta-

gram-Profil schreibt er: „Sometimes you

win – Sometimes you learn“. Manchmal

gewinnt man. Manchmal lernt man. ■

Dominik Seel

„Ich bleibe

für immer hier.“

Foto: Privat

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SPORT RHEINLAND-PFALZ | 05.2025

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